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Jarhead - Willkommen im Dreck (Yb3)

Originaltitel: Jarhead
Regie: Sam Mendes
Erscheinungsjahr: 2005
Kategorie: Amerikanische Geschichte

Inhalt:

USA, im Jahre 1990: der irakische Präsident Saddam Hussein löst mit dem Einmarsch seiner Truppen in Kuwait den Zweiten Golfkrieg aus. US-Präsident George Bush kündigt umgehend den Beginn einer defensiven Militäraktion an, um den Irak am Eindringen nach Saudi Arabien zu hindern. Zu den Teilnehmern der Operation Desert Shield (Wüstenschild) und Desert Storm (Wüstensturm) zählt auch Anthony Swofford, dessen Vater während des Vietnamkriegs als Offizier in der United States Air Force, gedient hatten.

„Swoff“, wie ihn seine Freunde rufen, wird 1989 in einem US-amerikanischen Bootcamp unter der Führung von Staff Sergeant Sykes zum Aufklärer/Scharfschützen ausgebildet. Während der Ausbildung ereignet sich ein tödlicher Unfall, als ein Rekrut die Nerven verliert und in das zu Übungszwecken verwendete echte Maschinengewehrfeuer läuft. Den Abschluss dieses Filmteils bildet eine Kino-Vorführung von Francis Ford Coppolas Vietnamkrieg-Film „Apocalypse Now“, bei der die Soldaten frenetisch die berühmte Szene bejubeln, in der die Helikopter der Luftkavallerie ein vietnamesisches Dorf zu den Klängen von Wagners Walkürenritt angreifen.

Swoff findet sich schon bald mit seinem M-40-Scharfschützengewehr und einem 50 Kilogramm schweren Rucksack in Saudi-Arabien wieder. Seine Einheit das STA 2/7 (Surveillance and Target Acqusition, 2nd Battallion 7th Marines) aus Aufklärern und Scharfschützen, die von Staff Sergeant Sykes angeführt wird, erkennt sehr schnell, dass es in der Wüste kaum Schutz vor der unerträglichen Hitze, Sand und den irakischen Truppen gibt, die sich am Horizont nur erahnen lassen. Es folgt eine monatelange Zeit des Wartens, die der Film nutzt, um die Beschwerlichkeiten des Soldatenlebens vorzuführen: Streit mit Kameraden, Untreue von Freundinnen und Ehefrauen, peinliche Interviews mit Fernsehjournalisten, ein durch Fergus verursachter Munitionsunfall, der zufolge hat das Swoff zum Private First Class degradiert und zum Latrinen putzen verurteilt wird und mehr. Swoff und seine Kameraden, darunter seine Freunde Troy und Cortez, versuchen, diese schwere Zeit mit Schwarzem Humor zu meistern.

Als der Bodenkrieg (Operation Desert Storm) nach langer Wartezeit beginnt, haben alle erkannt, dass sie sich in einem Land befinden, das sie nicht kennen, gegen einen Gegner kämpfen, den sie nicht sehen und aus einem Grund, den die Soldaten nicht verstehen.

Der direkte Kampf gegen die Iraker, auf den vor allem Swoffs Kamerad Fowler begierig ist, bleibt aus, da der Angriff fast ausschließlich durch Lufteinsätze geführt wird. Beim Vorrücken seines Platoons gerät Swoffs Einheit jedoch unter Beschuss einer A-10-Kampfflugzeuge der eigenen Seite (Friendly Fire) und stößt später auf die grausige Szene des Highway of Death, eine von ausgebombten Autowracks und verkohlten Leichen übersäte Straße. Die psychische Belastung für die Soldaten steigert sich noch, als sie in die apokalyptisch anmutende Gegend der brennenden Ölquellen gelangen, die, von irakischen Soldaten angezündet, den Tag zur Nacht machen.

Als Swofford und Troy schließlich doch noch den Befehl erhalten, bei einer gefährlichen Scharfschützenoperation zwei irakische Offiziere in einem alten Flughafentower zu töten, steigert sich ihre Stimmung. Kurz bevor sie zur Tat schreiten können, werden sie von der US-Air Force zurückgerufen, die ihren Auftrag durch einen Bombenangriff erledigt. Frustriert kehren sie darauf zu ihrer Einheit zurück, wo sie vom Ende ihres Aufenthaltes in Irak erfahren.

Zuhause werden sie mit einer feierlichen Parade als Helden empfangen. Swofford erfährt, dass seine Freundin Christina einen neuen Mann hat. Einige Jahre später trifft er seinen Kameraden Fergus wieder und muss vom Tod Troys erfahren.

Nach dem Einsatz plagen Swofford immer wieder Gedanken an den Einsatz in der Wüste. Der Film endet mit seinem Blick aus dem heimischen Fenster in die Wüste, in der er sich mit seinen Kameraden sieht.

Quelle: Wikipedia, Zugriff: 07.01.2006.

Kritik

Mit seiner Taktik der theatralischen Verwirrung und Desorientierung von Klischees und Abweichungen, Handeln und Zögern, Sehen und Fantasieren gelingt es Sam Mendes, dem Kriegsfilm eine gewisse epische Dimension, wenn auch in subjektiver Perspektive, zwischen Sein und Schein, Wahrnehmung und Reflexion, Kommentar und Kritik zurückzugewinnen, ohne die Arbeit an den Bildern und Einstellungen zu vernachlässigen. Und dies ohne gewaltige Action, ohne einen einzigen Schuss seiner Protagonisten im Ernstfall.

Mendes’ Werk fehlt zwar die große moralistische Militanz früherer (Anti-)Kriegsfilme. Seine Kritik arbeitet anders, sie ergibt sich durch die Abarbeitung im Kleinen, im Alltäglichen, in der Addition der Reibungen und Widerstände. Vor allem durch die Schwächung der großen Geste, die offene Vergiftung des Heroischen, die Infektion des Optimismus und die Eintrübung jeglicher Affirmation. Wenn man so will, geht Mendes alle Stationen des Kriegs- und Soldatenfilms durch, aber er sabotiert sie Schritt für Schritt. Und im Umkehrung zu „Wie ich den Krieg gewann“ (Richard Lester), müsste der Film eigentlich heißen: „Wie ich den Sieg verlor“.

Bei der Schlussparty in der Wüste, die mit einem babylonischen-saddamischen Ersatz-Geballere der G.I.s endet, und beim „Coming Home“ in den USA kommt kein echter Jubel auf, die Braut wartet nicht, es bleibt bei Einsamkeit, Ausgeschlossensein, Unverstandensein, Verblendung, dumpfem Trotz, Starrsinn, Verbohrheit, Wut, nicht nur gegen die Bürokraten und die konkurrierenden Streitkräfte. Selbsthass und Ekel werden angefacht durch Entfremdung, Unzufriedenheit, Verstocktheit und Verhärtung.

Eine militärisch hochgezüchtete, nicht weiter entladene Aggressivität schwelt unter dem bunten Schleier des zivilen Lebens fort. Travis Bickle bekommt viele junge Söhne. Ein anderer Spruch lautet: „Krieg ist immer anders, Krieg ist immer gleich.“ Aber entscheidender ist, Dank sei ILM und dem großen Walter Murch (dessen Schnitt- und Soundarbeit wir nicht nur in „Apocalypse Now“ bewundern konnten), Folgendes: der digital bearbeitete Blick aus dem zweigeteilten (Kino-) Fenster – zwischen Krieg und Frieden, zwischen der weiter brodelnden militärischen Abenteuer-Sehnsucht und der ganz normalen Wüste des zivilen Alltags.

Quelle: Telepolis, Zugriff: 07.01.2006.