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Merry Christmas (Yb 1)

Originaltitel: Merry Christmas/Joyeux Noël
Regie: Christian Carion
Erscheinungsjahr: 2005
Kategorie: 20. Jahrhundert

Inhalt

Dezember 1914 in Frankreich. In eisiger Kälte liegen sich auf engstem Raum französisch-britische und deutsche Kampfverbände gegenüber. Am Weihnachtsabend ertönt auf einmal aus beiden Lagern Weihnachtmusik („Stille Nacht …“). Die Kommandanten beider Seiten beschließen für eine kurze Zeit die Kampfhandlungen einzustellen, um das Weihnachtsfest zu begehen.

Quelle: Wikipedia, Zugriff: 07.01.2006.

Kritik 1

In „Merry Christmas“ wirkt der Krieg altbacken und merkwürdig aufgeräumt. Die Granateneinschläge verpuffen wie ein fernes Silvesterfeuerwerk, die Unterstände sehen wie rustikalere Skihütten aus. Leutnant Audebert zeichnet nach der Schlacht Käfer in sein Tagebuch, Ernst Jünger hielt es ähnlich. Dieser Audebert gehört zu jenen Offizieren, die es nur in Kriegsfilmen gibt. „Ich muss bei meinen Männern bleiben“, sagt er, von der Fronterfahrung geläutert, als sein Vater ihm einen Posten im Hinterland anbietet. Daniel Brühl verkörpert als deutscher Leutnant Horstmayer das vermeintliche Gegenmodell. „Gut gemacht“, lobt er einen Scharfschützen, der einen Sanitäter erschossen hat. Der Leutnant ist Jude, schon das macht ihn zum Außenseiter. Inmitten lauter Pappkameraden – gute Landser, böse Generäle – bleibt er die einzige doppelbödige Figur.

Regisseur Christian Carion hat den Stoff mit Pathos bis zur Lächerlichkeit aufgeblasen. In einem Buch über den Krieg in Flandern will er von einem deutschen Tenor gelesen haben, dem am Heiligen Abend von 1914 französische Soldaten applaudierten. Dieser Tenor ist sein Erlöser. Beim Auftritt im deutschen Hauptquartier singen Benno Fürmann und Diane Krüger „Bist du bei mir / Geh’ ich mit Freuden zum Sterben“ und schauen einander tief in die Augen.

Quelle: Der Tagesspiegel, Zugriff: 07.01.2006.

Kritik 2

„Merry Christmas“ ist, was man eine europäische Großproduktion nennen könnte. Die Hauptgeldgeber stammen aus jenen drei Ländern, die sich einst in den Gräben gegenüberstanden. Ein tröstlicher Gedanke, solch friedvolle Kooperation – würde das Schema dieses Flickenteppichs nicht so deutlich durchscheinen.

Man vermag den Proporz fast mit Händen zu greifen, von den Hetzgedichten, die Schüler in Deutschland, in Frankreich und in England vortragen, über die brav zugeteilten Klischees (den Deutschen die Kultur, den Franzosen die Wurstigkeit, den Schotten den Dudelsack) bis zu den nationalen Stars, die aber bitteschön grenzüberschreitend kompatibel sein müssen. Daniel Brühl zählt dazu, der tapfer seinen ersten Filmvollbart zur Schau stellt; Diane Krüger, der einzige deutsche Star, der jemals in zwei Fremdsprachen Karriere machte; ihr Gatte (im richtigen Leben, nicht im Film) Guillaume Canet sowie Gary Lewis, der ballettfeindliche Vater aus „Billy Elliott“.

Was „Merry Christmas“ jedoch wirklich schwer erträglich macht, ist die Zurschaustellung von Makellosigkeit. Es läßt sich darüber streiten, ob im Stellungskrieg ständig Blut und Matsch spritzen müssen wie bei „Im Westen nichts Neues“ oder „Mathilde – eine große Liebe“, aber „Merry Christmas“ wirkt geradezu aseptisch, sowohl im Hygienischen als auch im Moralischen und speziell im Moralhygienischen; selbst den vaterlandstreuen Juden in deutschen Reihen erspart uns die politische Korrektheit des Drehbuches nicht.

Quelle: Die Welt, Zugriff: 07.01.2006.